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BODMER, KARL

* 11.2.1809 ZÜRICH, † 30.10.1893 PARIS

Maler, Illustrator und wissenschaftlicher Zeichner.

Karl Bodmer kommt als fünftes Kind des Baumwollhändlers Heinrich Bodmer und dessen zweiter Frau Elisabeth, geborene Meier, in Zürich zur Welt. Mit 13 Jahren beginnt er, wie einige Jahre zuvor sein älterer Bruder Rudolf, eine künstlerische Ausbildung bei seinem Onkel, dem Landschaftsmaler, Zeichner und Kupferstecher Johann Jakob Meier. 1828 kehrt Karl seiner Heimat den Rücken zu, begibt sich ins Rheinland und lässt sich in Koblenz nieder. Die als Ausflugsziel beliebte Rhein- und Mosellandschaft mit ihren Burgen, Städten und Weindörfern bietet ihm ein gutes Auskommen als Vedutenmaler. Ein Teil seiner für Touristen und Sammler gefertigten Aquarelle und Zeichnungen wird von seinem Bruder Rudolf in Kupfer gestochen und vom Verleger Jakob Hölscher in Form von Alben und Panoramen erfolgreich verkauft.

In dieser Zeit wird der Naturforscher Maximilian Prinz zu Wied-Neuwied auf Bodmer aufmerksam und engagiert ihn als wissenschaftlichen Zeichner für seine Expedition von 1832 bis 1834 nach Nordamerika. Die Route führt entlang des Missouri River bis zum Fort McKenzie. Von dieser Forschungsreise kehrt Bodmer mit mehreren hundert Skizzen und Aquarellen der dortigen Landschaften, Bewohner, Pflanzen und Tiere nach Europa zurück. Die meisten dieser Arbeiten befinden sich im Joslyn Art Museum (Omaha, USA). In den Reisebeschreibungen des Prinzen wird eine Auswahl davon als Grafiken publiziert und begründet Bodmers internationalen Ruhm als Bild-Chronist indigener Völker. Die deutsche Ausgabe erscheint ab 1839 unter dem Titel Reise in das Innere von Nordamerika; zwischen 1840 und 1843 folgt die französische und 1844 die englische Edition. Ende 1835 verlegt Bodmer seinen Wohnsitz nach Paris. 1836 werden einige seiner Werke aus Nordamerika im Salon de Paris gezeigt. Auch in den folgenden Jahren – bis 1878 – ist er mit seinem Schaffen im Salon regelmässig vertreten. 1851 wird eines seiner dort ausgestellten Gemälde mit dem zweiten Platz ausgezeichnet.

Die Wirren der Februar-Revolution von 1848 und der Ausbruch der Cholera veranlassen ihn 1849 zu einem Umzug nach Barbizon im Südosten von Paris, wo er – wie seine Freunde Jean-François Millet, Théodore Rousseau und Narcisse Diaz – Mitglied der Malerkolonie wird. Zwischen 1855 und 1878 nimmt Bodmer an den Weltausstellungen in Paris und Wien teil, wo er 1855 für eines seiner Werke den dritten Platz erhält. Daneben wirkt er als Illustrator für schweizerische, deutsche, französische und amerikanische Zeitschriften sowie für Publikationen von Victor Hugo, Jean de la Fontaine, Philip Gilbert Hamerton und Théophile Gautier.

1852 publiziert Bodmer in Zusammenarbeit mit Millet vier Lithografien zur Geschichte der USA (Annals of the United States Illustrated – The Pioneers).

1876 Ernennung zum Ritter der Ehrenlegion. Im gleichen Jahr Heirat mit seiner langjährigen Lebensgefährtin, der deutschen Bauerntochter Anna Maria Magdalena Pfeiffer, mit der er bereits drei Söhne hat. Gegen Ende seines Lebens erblindet Bodmer und stirbt verarmt in Paris. Seine Beisetzung findet in Chailly-en-Bière in der Nähe von Barbizon statt.

Die frühen Arbeiten Karl Bodmers lassen hinsichtlich des Stils und der Komposition noch einen deutlichen Einfluss seines Lehrers Johann Jakob Meier – eines sogenannten Schweizer Kleinmeisters – spüren. Sein weiteres Schaffen wird massgeblich geprägt durch die Teilnahme an der Forschungsreise nach Nordamerika – durch Begegnungen mit der indigenen Bevölkerung und der fremden, aussereuropäischen Landschaft, die sein künstlerisches Repertoire als Sujets erweitern.

Als wissenschaftlicher Zeichner dokumentiert Bodmer die amerikanische Tier- und Pflanzenwelt. Seine primäre Aufgabe ist jedoch das Festhalten der Umgebung, in der die Mitglieder der Expedition ihre Proben sammeln. Dank einer ausgeprägten Beobachtungsgabe und grosser Einfühlungskraft schafft er es, seine Motive in stimmungsvollen Landschaftsbildern wiederzugeben, ohne dabei den Anspruch auf dokumentarische Nüchternheit zu verlieren. Bodmer stellt auch das junge, durch die industrielle Revolution angetriebene Amerika an der Schwelle der grossen Umbrüche des 19. Jahrhunderts dar. Immer wieder trifft in seinen Skizzen und in den sich durch eine subtile Farbgebung und eine Lebhaftigkeit des Pinselstrichs auszeichnenden Aquarellen die europäische, noch in den Kinderschuhen steckende Zivilisation auf wilde Natur.

Der historisch-geografische Quellenwert dieser Werke ist wie auch bei den ethnografisch genauen Darstellungen der indigenen Bevölkerung, ihrer Lebensweise und ihrer materiellen Kultur wissenschaftlich anerkannt. Bodmer zeigt sein Gegenüber stets respektvoll und in Würde. Die Bildnisse überzeugen durch das Bemühen um physiognomische Präzision und durch Detailreichtum. Gleichwohl geht Bodmers Anspruch auf eine naturalistische Wiedergabe des Motivs in seinen publizierten Arbeiten zugunsten einer gewissen Idealisierung mitunter verloren. Seine in Amerika entstandenen Werke finden sich weltweit in wissenschaftlichen Büchern und der allgemeinen Literatur über «Indianer» des 19. wie 20. Jahrhunderts und gelten nach wie vor als wertvolles Zeugnis einer zerstörten Kultur. Ende der 1840er Jahre sucht Bodmer seine Motive in der Flora und Fauna des Waldes von Fontainebleau bei Barbizon. Er malt in Öl, nicht ohne Erfolg. Seine Landschaften und Waldszenen geben die jahreszeitlichen Stimmungen wieder und entsprechen dem Anliegen der Künstler von Barbizon, die Natur in ihrer unangetasteten Ursprünglichkeit zu zeigen.

In späteren Jahren widmet sich Bodmer vermehrt der Grafik beziehungsweise den Illustrationen für Zeitschriften und eigene Alben. Nach seinem Tod geraten die Zeichnungen und Aquarelle aus der rheinischen und französischen Zeit in Vergessenheit. Bodmer ist heute in erster Linie als Maler der nordamerikanischen, autochthonen Bevölkerung bekannt. Häufiger als die Kunsthistoriker befassten sich bisher die Historiker, Ethnologen und Schriftsteller mit Karl Bodmer. Die Rezeption seines künstlerischen Schaffens wird von nordamerikanischen Publikationen dominiert. Der künstlerische Nachlass von Bodmer wurde kurz nach dessen Ableben 1894 versteigert. Der Umstand eines verstreuten Œuvres, insbesondere der nicht in Amerika entstandenen Arbeiten, macht diesen Kunstschaffenden in seiner Gesamtheit nur schwer fassbar. 


SIKART Lexikon zur Kunst in der Schweiz

Petra Barton Sigrist, 2019 https://www.sikart.ch/kuenstlerinnen.aspx?id=4022826



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Lot 3042 - Z36 Schweizer Kunst - Freitag 27 Juni 2014, 14.00 Uhr

KARL BODMER

(Riesbach 1809–1893 Barbizon)
Indianerdorf an einem Fluss.
Aquarell auf Papier.
Unten links signiert: Bodmer.
21,3 x 31 cm (Lichtmass).

CHF 7 000 / 10 000 | (€ 7 220 / 10 310)

Verkauft für CHF 38 400 (inkl. Aufgeld)
Angaben ohne Gewähr

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